Auf dem Bike sitzt er allein, für einen Sieg jedoch braucht es mehr als einen schnellen Radfahrer. Hinter jedem Profifahrer steht eine Gruppe von Menschen, die einen wesentlichen Beitrag zu seinem Erfolg leisten. Die so genannten Domestiken sind die rechte Hand der Sportler.

Das Wort Domestik kommt von dem französischen Wort domestique, was so viel wie Dienstbote bedeutet. Der Begriff etablierte sich während der Tour de France 1911, bei der Maurice Brocco, der einen eigenen Sieg für unwahrscheinlich hielt, einem vielversprechenderen Kandidaten seine Unterstützung anbot. Als dies an die Öffentlichkeit kam, wurde Brocco disqualifiziert. Der Begründer der Tour de France sagte in einer Zeitschrift: „Er ist unwürdig. Er ist bloß ein Domestik“. Was als Beleidigung gemeint war, etablierte sich als fester Begriff und verlor seine negative Konnotation. Heute sind Domestiken nicht nur üblich, sie sind unumgänglich für einen Sieg. Andere Bezeichnungen sind Helfer, Wasserträger und Mannschaftsfahrer.

Die Hauptaufgabe der Helfer besteht darin, das Team und seinen Kapitän so gut wie möglich im Wettkampf zu unterstützen. Das heißt im Klartext: Für Windschatten sorgen, die „Feinde“ des Teams überwachen, Getränke heranschaffen, usw. Und außerdem: Motivieren, motivieren, motivieren.

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In der Geschichte des Radsports tauchen hin und wieder Begleiter auf, die für ihren Beitrag zum Sieg des Kapitäns berühmt wurden – oder später sogar selbst in die Rolle des Kapitäns schlüpften. Hier zwei besonders bekannte „Dream-Teams“:

Jan Ullrich und Udo Bölts: Dieses Team wurde in einem Moment größter Verzweiflung berühmt. Während der 18. Etappe der Tour de France 1997 fiel Ullrich zurück, wurde überholt von vielen Radlern überholt. Ullrich war am Ende, alle Reserven schienen aufgebraucht. Auch sein Begleiter Udo Bölts war verzweifelt, fürchtete um das gelbe Trikot. Ohne nachzudenken brüllte er Ullrich an: „Quäl dich, du Sau!“. Der konnte sich später nicht erinnern, ob er Bölts Schreien überhaupt gehört hatte, geholfen hat es anscheinend trotzdem: Ullrich gewann die Tour. Und Bölts wurde berühmt. Später schrieb er ein Buch, das den markanten Satz als Titel trug. Das besondere an Udo Bölts ist, dass er nicht vom Helfer zum Kapitän, sondern vom Kapitän zum Helfer wurde – und damit überglücklich war. Genau davon handelt sein Buch. Er erzählte von seiner Unzufriedenheit, bevor er Wasserträger wurde. Wie er erkannte, dass er keine Führungsperson war, mit dem Druck nicht umgehen konnte und schließlich seine Berufung fand. Auch hier waren die Anforderungen hoch, allerdings auf einer anderen Ebene: Helfer müssen selbstbewusst sein und einen starken Charakter haben.

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Bernard Hinault und Greg Lemond: 1985 stand Hinault kurz vor seinem fünften Tour de France – Sieg. Ein Erfolg, den er trotz Kniebeschwerden für sich verbuchen konnte. Da er dies seinem Teamkollegen Greg Lemond verdankte, versprach er, ihm Tribut zu zollen: „Im nächsten Jahr helfe ich dir“. Doch im nächsten Jahr war Hinault  in überragender Verfassung. Ein sechster Sieg stand in Aussicht und ließ Zweifel daran aufkommen, ob Hinault der Versuchung widerstehen konnte um sein Versprechen einzulösen. Ein bitterer Kampf war zu beobachten: Zunächst überholte Hinault Lemond und schien die Karten somit offen auf den Tisch zu legen. Dann legte Lemond nach und gewann eine Etappe, aber Hinault verteidigte die Führung. Schließlich übernahm Lemond das Gelbe Trikot – und Hinault gab auf. Das Happy End der Geschichte: Die beiden schlossen einen Pakt und führen Hand in Hand über die Ziellinie. Hinault hatte sein Versprochen gehalten und Lemond ging als erster Amerikaner in die Geschichte der Tour ein.